Samstag, 5. Juli 2008

Hammer Summer

Der “Hammer Summer”, ein jährliches Open-Air in Hamm, und dieses Provinznest am östlichsten Zipfel des Ruhrgebiets ist mächtig stolz darauf, in diesem Jahr die achtziger-Jahre-Ikone Kim Wilde und als Top-Act The Boss Hoss zu präsentieren. Mainstream geht hier, in dieser Stadt, aber eben nur Mainstream, in Nebenflüssen plätschern nur wenige.
Gestern abend hat das Festival stattgefunden, und ich war da, allein. Mich interessieren weder Kim Wilde noch The Boss Hoss. In den letzten zwei Sommern bin ich mit Sebastian auf diesem Event gewesen, und gestern, in einer Menschenmasse von rund zwanzigtausend Leuten, hatte ich dauernd den Eindruck, ihn irgendwo kurz gesehen zu haben. Vielleicht habe ich ihn gesucht. Vielleicht wollte ich ihn nicht finden. Was wäre gewesen, wenn wir uns zufällig getroffen hätten? Vielleicht war er ja auch gar nicht da. Habe überhaupt kein bekanntes Gesicht entdeckt, in der Menschenmasse, drei Bierchen zuviel getrunken, und heute morgen hockte mir ein fetter Kater im Schädel, zwei Aspirin geworfen, und gut. Jetzt sitze ich auf dem Balkon, Hammer Summer, die Sonne scheint, und ich warte darauf, dass es später wird: Tanni hat mich zum Grillen eingeladen; Tanni, alte Freundin seit ich sechzehn bin, und ich freue mich auf sie, auf den Abend, und ich weiss, dass ich wieder ein paar Bierchen zuviel trinken werde.

auflöserisch

Seltsam, die Wochenenden ohne Sebastian zu verbringen. In den letzten drei Jahren hiessen diese Tage Sebastian. Eine Wochenendbeziehung, von Anfang an. Kennengelernt hatten wir uns in Hamm, meiner Heimatstadt, wo Sebastian lebt. Ich war vor zehn Jahren nach Ostwestfalen gezogen, eines Jobs wegen, tägliche Pendelei wäre mir zuviel Zeitaufwand gewesen. Seit Sebastian bin ich fast jeden Freitag nachmittag nach Hamm gefahren, zu ihm, und Montag morgens zurück.
Jetzt bin ich seit drei Monaten in einer Auffanggesellschaft, verzuckerte Arbeitslosigkeit, und ohne Job dort hatte ich keinen Grund mehr, in Ostwestfalen wohnen zu bleiben; wirklich gefallen hat es mir dort nie, und ich bin wieder nach Hamm übergesiedelt. “Warum ziehst Du denn nicht bei mir ein? Platz ist genug. Das wünsch' ich mir so”, hatte Sebastian gesagt; gross genug ist seine Wohnung, quadratmetermässig, ja, aber ich hätte dort keinen Raum nur für mich allein, und das brauche ich, ich brauche Raum für mich; also bin ich in eine eigene Wohnung gezogen, wohne jetzt im Haus meiner Schwester, Dachgeschoss. Ich kenne nur den Wochenend-Sebastian. Ein mulmiges Gefühl befällt mich beim Gedanken an den Wochen-Sebastian. Warum? Und jetzt drückt er mich an die Wand, will nicht nur mit mir zusammen leben, will auch Kinder, Familie, dass ich nicht mehr arbeiten gehe, er verdient ja genug. Und wenn ich ihn liebe, sagt er, dann würde ich das auch so wollen. Wenn ich ihn liebe. Liebe ich ihn? Er fehlt mir, jetzt, am Wochenende. Beziehungspause, hat er gesagt, eine Mischung aus beleidigt und wütend und enttäuscht; will mich ein paar Wochen lang nicht sehen, ich soll mir alles klarmachen, soll mich entscheiden. Von mir aus hätte alles so weiterlaufen können wie bisher... hätte es das? Mein bisheriges Leben löst sich auf.
Eben, als ich durch den Garten ging, schwankte mir der Rasen unter den Füssen.

Herzkatheter

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